Buchloe, 19.02.12
Anlass zur Niederschrift:
Während der Evolution des Menschen und während der Entstehung unserer Kultur dauerte es ein bis zwei Jahrzehntausende, bis bestimmte Zugriffsrechte geächtet wurden: nämlich diejenigen, die an das Vorhandensein von überlegenen körperlichen Kräften gebunden waren (etwa: „Gib mir die Hälfte deiner Jagdbeute oder ich schlage dir den Schädel ein“). Als dies erreicht war, und zwar durch Einführung des Staates und der Gesetze, waren die vergleichbaren Zugriffsrechte wiederum an eine umschriebene Entität gebunden: nämlich an die mobile oder immobile Masse von Besitz: Wer viel Geld hat, hat viele Zugriffsrechte. Nach Verlauf von etwa 8000 Jahren, während derer dieses Regelgefüge fast ausnahmslos galt, wird es Zeit, an die Überwindung einer solchen Abhängigkeit zu denken, zumal die Bedeutungszusammenhänge des Geldes zunehmend lächerliche und bedenkliche Züge bekommen, Stichworte: Gehältervergleich Bundeskanzlerin und Vorstand Autobauer, Wetten auf die Preise von Nahrungsmitteln in Entwicklungsländern, Wetten auf kommende Insolvenz von Staaten etc., sicher gibt es noch haarsträubendere Beispiele.
Auszug aus den Schlußfolgerungen der folgenden Notizen:
(Abkürzungen bitte am Ende der Textfolgen nachschauern)
E11) Der Grad der Fehlfunktion des Finanzwesens ist zwar nicht genügend erkennbar. Aber bei angemessener Teilhabe am Problem wird trotzdem klar: Uns droht eine fürchterlicher Gefahr und uns muss fast jedes Mittel recht sein, das aktuelle Finanzsystem zu verändern.
E7) Vielleicht hilft ein Vergleich; das Finanzwesen als Ganzes zeigt alle wesentlichen Merkmale einer Krebsgeschwulst: Desintegration vom Subjekt (=Menschheit), rasches und irreguläres Wachstum, Auszehrung des „Wirt“-Körpers, fehlende Schönheit, Auslösung von Krisen am Wirt-Organismus (die über Behandlung teilweise zu einer Besserung führen), Verursachung von Schmerz und Qualen am Wirt-Organismus, zu späte Erkennbarkeit der wachsenden Geschwulst; die urtümliche Kraft aus den tiefen Schichten des Patienten hat keinen Zugriff auf die Krebsgeschwulst (die Verbindung von den tiefen Ebenen der Kultur zum Finanzwesen ist abgebrochen)
E10) Über das Finanzwesen und das Geld habe ich bisher wenig erkannt, mit einer Ausnahme: Das aktuelle Finanzsystem und die sich daraus ergebenden Steuerungselemente weisen horrende und für alle Menschen gefährliche Fehlfunktionen auf. Deswegen sehe ich mich als Laie trotzdem motiviert, dazu diese Notizen zu liefern. Vom Finanzwesen selbst wird eine Veränderung nicht kommen können. Sie muss aus den tiefen Schichten unser aller kulturellen Potenz kommen.
Notizen:
Die tiefer stehend aufgeführten Konstrukte beanspruchen für sich Freiheit, insofern sie die Wirklichkeit nicht deckungsgleich abbilden, sondern für diese einen Raum mit aufgreifenden Ideen darstellen.
(A) Auf eine bestimmte Projektionsebene reduziert ist die Funktion des Geldes teilweise griffig zu verstehen, allerdings ist Abstraktion erforderlich, z.B. so:
- Nehmen wir an, es würde kein Geld geben und die reale Wirtschaft mit allen ökonomischen Makro- und Mikrosegmenten würde ohne jenes Medium funktionieren. Wie können wir uns einen solchen Zustand vorstellten? Dazu verwenden wir nun eine zweite Annahme in unserem Gedankenspiel: Alle Akte des Verkaufes und des Kaufes geschehen nicht als Doppelbewegung (Geld gegen Ware bzw. Dienstleistung). Sondern die geforderte Menge Waren oder Dienstleistung wird aufgrund einer Schätzung festgelegt, wobei Empfänger und Erbringer jeweils sofort auf Anhieb die richtige Menge und Qualität für das gegenseitige Einverständnis treffen.
- Die real existierende Wirtschaft sollte ohne gröbere Veränderungen so während einer gewissen Zeitspanne funktionieren, z. B. einige Tage.
- Der so beschriebene Geschehensfluss ist prima vista nur partiell vorstellbar: die durchgeführten Handlungen samt Warentransport und Dienstleistungen (beliebig viele Einzelvorgänge (D) = real existierende Wirtschaft): Ja.Das jeweils in der Aktion beigemengte Element des Zugriffsrechtes (C) des Erwerbers (vormals Geld), welches mit der Schätzung (S) des Erbringers korrespondiert: Nein. Obige Sicht des Vorganges (D) mit den Elementen Zugriffsrecht (C) des Erwerbers und Schätzung (S) des Erbringers betrachtet eine stattfindende Evaluation nur in Bezug auf das Finanzwesen. Es finden zusätzlich Wägungen und Schätzungen statt, die außerhalb des Finanzwesens liegen. Beispiel: Bestimmung der Anzahlt der zu erwerbenden Schrauben, wenn man eine Latte mit 4 Löchern an der Wand befestigen will.
- Die Tatsache der oben beschriebenen Unvorstellbarkeit einerseits und der Vorstellbarkeit andererseits legt verschiedene Gedankenbilder nahe:
a) Die oben benannte Unvorstellbarkeit weist die große und komplexe Aufgabe des Geldes mit aus.
b) Die gedachte Herauslösung der Elemente (D) zeigt, dass diese allein ein vernünftiges Zusammenleben der Menschen möglich machen würden. Dabei würde ein Teil der Elemente Reichtum und Armut fehlen, soweit diese aus reinem Geld generiert sind.
c) Die Elemente (C) und (S) repräsentieren zu guten Teilen die Funktion des Geldes. In dem oben skizzierten Denkmodell existiert der „Überbau“ für C und S (vormals das Geldwesen = Finanzwesen (F) ) nicht. Eine große Arbeitsmasse fehlt. Die zugehörigen vormals Ausführenden werden aber trotzdem durch die real existierende Wirtschaft versorgt (z.B.: Am zweiten Tag nach der Nichtigerklärung des Geldes geht ein Investment-Banker in ein Restaurant und bestellt ein Mittagessen, das er dann auch erhält, weil aufgrund der Schätzung durch das Restaurant ihm die Berechtigung für dieses Mittagessen zuerkannt wird.)
d) Betrachten wir einen Industriebetrieb, z.B. einen „Autobauer“: Im Zusammenspiel von Macht und Zugriffsberechtigung auf vormals Geld bildet sich ab, dass das Segment vormals Geld (=vormals Finanzwesen) entscheidende Gestaltungseinflüsse (G) auf die dort real existierende Wirtschaft besitzt.
Der oben benannte jeweilige Gestaltungseinfluss (G) muss aber auch in unserem Denkmodell (hier in Funktionseinheit mit (C) und (S) zu sehen) erhalten bleiben. (G) muss von angemessener Qualität sein. Die Personen, die (G) generieren, waren jedoch vormals in die Wirkungskreise von (F) involviert. Wenn es möglich wäre, (G) ohne (F) zu generieren, wären alle Erwartungen an die real existierende Wirtschaft erfüllt und die Arbeitsmasse zu (F) würde wegfallen.
Anmerkung zum Gestaltungseinfluss (G): Gemeint ist hier nur der Gestaltungseinfluss auf die real existierende Wirtschaft, welcher durch das Finanzwesen geniert wird. Beispiel: Eine erwünschte Einflussnahme auf die fertigende Firmenkonstellation kann durch einen bestimmten qualifizierten Aufsichtsrat dann erreicht werden, wenn diesem ein bestimmtes Honorar geboten wird. Somit entsteht ein Partikel von (G). Wenn hingegen zwei Mitarbeiter z.B. im operativen Zweig das gleiche Honorar erhalten und der eine aufgrund besserer subjektiver Motivation mehr leistet, so generiert dieser gegenüber dem anderen ein Mehr an Gestaltungseinfluss, der aber nicht zu (G) gehört, weil er nicht durch das Finanzwesen generiert wurde.
B) Betrachten wir nun wieder unsere aktuell real existierende Wirtschaft samt Finanzwesen (F). Unter Einbeziehung obiger Überlegungen wird es besser möglich, (F) auch als eine einzelne additive Komponente im gesamten System zu verstehen. Ein dergestalt erscheinendes (F) wollen wir aufgreifen:
- Welche Aufgabe hat (F)?
a) Die real existierende Wirtschaft soll unter sinnvoller Beteiligung von (F) optimal funktionieren
b) Dazu benötigt man einen optimalen Gestaltungseinfluss (G). Per Beziehungsverkettung ist klar, dass dieser von (F) generiert wird.
c) Somit ist es die Aufgabe von (F), einen optimalen (G) zu generieren. Keine weiteren Aufgaben sind vom Finanzwesen zu erfüllen. - Wie hat sich das Finanzwesen entwickelt?
a) Im Zeitverlauf ab Altertum bis heute hat sich der prozentuale Anteil von (F) an der gesamten Wirtschaft ständig vergrößert.
b) In gleichem Maß kann sich der finanzbasierte (G) nicht vergrößert haben. Der Entstehungsraum von (G) innerhalb des Finanzwesens hat sich zwar vergrößert. Jedoch die Anknüpfungsstellen für (G) an die real existierende Wirtschaft können sich nicht in gleichem Maße wie das (F) selbst vermehrt haben. Es musste im Laufe der Zeit also immer mehr (F) erstellt werden, um ein bestimmtes Maß (G) zu generieren. - Welche Wirkungen hat (F)?
a) Das Finanzwesen generiert (G).
b) Das Finanzwesen weckt Begierde.
c) Das Finanzwesen generierte neue Zellen seiner selbst, die immer größere Entfernungen zum Zielort von (G) haben und weitgehend der „Eigenbefruchtung“ von (F) dienen.
d) (F) generiert große Massen von Macht und Zugriffsrechten, die nur noch ganz wenig zu (G) beisteuern. Die betreffenden Personen verwenden oft den größten Teil ihrer Kraft, um neue zusätzliche Werte innerhalb von (F) zu schaffen (siehe oben).
e) Wenn Mitbürger aus dem Bereich der selbst befruchtenden Finanzsegmente Geld zugeschrieben bekommen, also Zugriffsrechte (C) erhalten, so können diese Zugriffsrechte wieder in die real existierende Wirtschaft eingreifen, wenn damit z. B. Brot oder ein Haus gekauft wird. Um eine mögliche Schädlichkeit von so erworbenen (C) zu erkennen, müssen wir in das Gedankenspiel eine hohe Dimension einführen: Angenommen, durch ein „intelligentes“ Konzept gelingt es einem Mitbürger, an mehreren Finanzplätzen mittels eines bestimmten Anlegemodelles in 30 Tagen 100 Billionen Euro Gewinn zu generieren. Die mit den Zugriffsrechten (C) korrespondierenden globalen Leistungskapazitäten (Summe der möglichen Vorgänge (D), siehe A3) sind aber während der 30 Tage weitgehend gleich geblieben. Die aus dem „Nichts“ entstandenen neuen Zugriffsrechte (100 Billionen €) schmälern nun die Zugriffsrechte der gesamten Weltbevölkerung und konzentrieren sich auf den oben benannten Mitbürger. Damit entsteht eine unsinnige Asymmetrie im Reguliergefüge der real existierenden Wirtschaft. Dazu ist zu sagen, dass der oben skizzierte Mitbürger erstens die benannten Zugriffsrechte nicht verdient hat (fehlende Teilhabe an der real existierenden Wertschöpfung der Menschheit), zweitens belastet und stört er die Aktionswege der real existierenden Wirtschaft. Anzumerken ist weiter aus aktueller Sicht, dass zwar solche Größenordnungen zur Zeit nicht beobachtet werden, aber die Qualität solcher Vorgänge ist gegeben.
(C) Beurteilungsversuche und Fragen zum aktuellen Finanzsystem (F):
Wenn es gelingt, (G) als die in Bezug auf das (F) entscheidende für die real ex. Wirtschaft gestaltende und antreibende Kraft im Gedankenexperiment zu isolieren, dann sollte Folgendes möglich sein: Eine Wägung zu setzten und eine Ahnung darüber zu erfahren, ob die aktuelle Struktur und Größe des (F) notwendig ist, um (G) zu schaffen. Mindestens wird es möglich sein zu erkennen, dass die regelnde Einheit (F) für die r.e.W. diverse Fragen aufwirft:
- Was passiert, wenn (F) weiter so überproportional wächst, in ferner Zukunft?
- Es ist allgemeines Wissensgut, dass das Finanzwesen viele „Blüten“ getrieben hat, die abgeschafft gehören.
- Innerhalb von (F) gibt es Segmente, die sich fern der r.e.W. befinden, kaum (G) generieren und nur innerhalb von (F) bleiben (z.B. Handel mit Derivaten). Die dort agierenden Personen haben sich von der r.e.W. verabschiedet und leisten nichts mehr für das Gemeinwesen. Jedoch gewinnen sie dort viel Macht und erwerben dadurch massive Zugriffsrechte (Geld) auf das Gemeinwesen. Zugespitzt kann man formulieren: Es erwirbt jemand Rechte in einem Raum, in dem unser Sozialgefüge kaum Rechte zur Regelung besitzt; sodann kommt der betreffende Mitbürger mit diesen Rechten (Geld) zurück in den Raum der r.e.W. und schafft sich mit den hier zwar geltenden aber völlig fremden Rechten (Geld aus dem „abgehobenen“ Finanzwesen) viele Annehmlichkeiten. Biologisch gedacht ist dies der Existenzbefund eines Parasiten. Welche weiteren Merkmale besitzt der angesprochene Personenkreis?
a) In reiner Form gibt es obige Personen kaum. Meist sind sie auch mit einem Teil ihrer Arbeitskraft in der r.e.W. tätig.
b) Der oben anklingende ethisch verwerfliche Aspekt verführt zu einer fehlerhaften Sicht der skizzierten Szene: Die Akteure sind sich über die schädlichen und unsinnigen Wirkungen der abgehobenen Finanzsysteme nämlich nicht im Klaren. In der öffentlichen Wahrnehmung gelten die dort errungenen Erfolge vielmehr als verkettet mit Fleiß, Intelligenz, Beharrlichkeit oder auch Kühnheit. Die Akteure sind also fehlgeleitet und werden so selbst zu Opfern. - Unter obigem Aspekt vergrößert sich die Tragweite der abgehobenen Finanzsysteme für die dort tätigen Personen wie folgt: Die Masse der erworbenen Zugriffsrechte wird – so will es der gesellschaftliche Konsens – der allgemeinen Fülle an Macht, die eine Person besitzt, zugerechnet. Daraus ergibt sich, dass ein Teil der bedeutendsten Machthaber, Leitfiguren und Entscheidungsträger in unserer Zeit zu gewissen Teilen Parasiten (siehe Punkt D3) sind, mehr noch: Es sind Mitbürger, die zu dumm sind (bei Anwendung der Kategorie emotionale Intelligenz), um zu erkennen, dass ihre Arbeit jener Kategorie zugerechnet werden muss.
- Vergleich der Ökonomie mit anderen Wissenschaften:
Ein Defizit z.B. bei der Atomphysik wird offen diskutiert: Ein möglicher Folgeschaden der Entwicklung der Atomphysik (viele explodierende Atombomben) ist gedanklich sowohl den Wissenschaftlern wie den Laien zugänglich und sogar offensichtlich. Im Gegensatz dazu sind die Fehlleistungen, die aus dem ökonomischen System resultieren (siehe obige Skizzen), für beide Personenkreise weitgehend verdeckt und zumindest für den Laien kaum erkennbar. - Ist die aktuelle Ausformung des Finanzwesens tatsächlich die einzige Möglichkeit, um (G) zu generieren?
- Inwieweit ist der dominierende Charakter des Finanzwesens über das gesamte gesellschaftliche System akzeptabel?
- Die einzig wichtige Aufgabe von (F) ist es, den Gestaltungseinfluss (G) zu generieren. Vom gesamten Finanzwesen benötigen wir also nur (G). Viele Mitbürger wissen dies ganz oder teilweise und erkennen so, dass (F) in seiner jetzigen Form für die wirklich wichtigen, die Reproduktion tragenden Geschehnisse von nachrangiger Bedeutung ist.
D) Gibt es Ansätze zur Veränderung?
- Aktuelle weltweite Demonstrationen, vulgo „Occupy-Bewegung“
- Es herrscht vielerorts Übereinstimmung darin, dass das Finanzwesen viele Blüten getrieben hat, die abgeschafft gehören.
- Investmentbanker wurden in die Nachbarschaft von Kriminellen gestellt (Altbundeskanzler Helmut Schmidt in DIE ZEIT vor ca. ½ bis 1 Jahr, Zitat sinngemäß: “…Einteilung der Mitbürger in drei Gruppen …“)
- Die aktuelle Finanzkrise mit der Folge u. a., dass die einschlägige Problematik in vielen Ebenen der Gesellschaft diskutiert wird.
E) Anmerkungen und Schlussfolgerung
- Viele Mitbürger erkennen obigen Sachverhalt teilweise, ganz oder besser (z. B. Personen aus Kreisen der Wissenschaft). Aber die Evidenz bahnt sich keinen Weg. So wird es möglich, dass „Leistungen“ innerhalb des sich selbst befruchtenden (F) zu immensen Zugriffsrechten führen und sehr geachtet werden, obwohl sie Null und nichtig sind für die menschliche Wertschöpfung.
- Die Tulpenblase (erste Finanzblase, Holland 17. Jahrhundert) war zwar schlimm, aber in der Zusammenhangslage überschaubar. Die gegenseitig in Abhängigkeit stehenden Regelvorgänge benötigten erhebliche Zeit-Distanzen. Heute erfolgen Regelung und Gegenregelung innerhalb von Sekunden, zusätzlich noch in kohärenter Abhängigkeit in zahlreichen operativen Ebenen und solchen mit Entscheidungs-Instanzen. IT ermöglicht die Hochgeschwindigkeit. Es ist deswegen unmöglich, üble Machenschaften der selbst befruchtenden Einheiten des (F) zu ahnden, ohne diese selbst befruchtenden Einheiten zu entfernen.
- Im aktuellen System entstehen wegen der hohen Geschwindigkeit, der mangelnden Durchschaubarkeit und der fehlenden ethischen Steuerung tatsächlich immer wieder Asymmetrien der oben (B3e) benannten Art, wenn auch in geringerer Dimension.
- Die geistigen Regelungseinheiten für die Funktion des Geldes sind sehr tief in den menschlichen Ideenräumen verwurzelt. In der Philosophie gibt es Denkansätze, wonach das Wesen der Zahl aus den Anfängen des Handels entstanden ist. Jene tiefen Ideenräume (z.B. das Unterbewusste) können nicht vollständig und rational exakt begriffen werden. Daraus ergibt sich aber trotzdem, dass die Funktion des Geldes von unseren tiefsten seelischen Schichten, also von uns mit verantwortet wird. In ähnlichen Tiefen bewegen sich die Fragen nach dem Sinn des Lebens, eventuell nach Religion, nach dem Bewusstsein.
- Wenn wir diese Verwurzelung der Geld-Funktion bedenken, ergibt sich sofort die Frage, ob die aktuelle Gestalt des Finanzwesens (F) sich mit den tiefen Schichten (z.B. psychologisch gesehen) jener Ideenräume in uns selbst im Einklang befindet. Darüber wird jedoch kaum gesprochen. Vielmehr wird die äußerlich erkennbare Gestalt des Geldes als unabdingbare, unabhängige und weitgehend selbständige Figur angenommen. Gleichzeitig zeigt sich bei einem großen Teil der Mitbürger ein deutliches Unbehagen gegenüber dem Finanzsystem.
- Im Gegensatz zur Vergangenheit ist das Finanzwesen heute nicht mehr überschaubar. Die ihr immanenten Regelkreise haben sich von den inneren Wünschen der Menschen abgekoppelt. Ein tragfähiger Einklang besteht hier nicht mehr. Der entstandene Schaden bildet sich in zwei Ebenen ab: Zum einen können die schnell gesetzten Veränderungen (z.B. staatliche Eingriffe oder Generierung neuer „Finanzmodelle“) bei fehlendem Überblick keine Besserung bringen; zum anderen gehen die einzelnen „Reparaturversuche“ am Zielobjekt menschliches Gemeinwesen wegen der oben beschriebenen Abkoppelung vorbei.
- Vielleicht hilft ein Vergleich; das Finanzwesen als Ganzes zeigt alle wesentlichen Merkmale einer Krebsgeschwulst: Desintegration vom Subjekt (=Menschheit), rasches und irreguläres Wachstum, Auszehrung des „Wirt“-Körpers, fehlende Schönheit, Auslösung von Krisen am Wirt-Organismus (die über Behandlung teilweise zu einer Besserung führen), Verursachung von Schmerz und Qualen am Wirt-Organismus, zu späte Erkennbarkeit der wachsenden Geschwulst; die urtümliche Kraft aus den tiefen Schichten des Patienten hat keinen Zugriff auf die Krebsgeschwulst (die Verbindung von den tiefen Ebenen der Kultur zum Finanzwesen ist abgebrochen)
- Eine ganze Anzahl dirigistischer Versuche von staatlicher Seite ist deswegen zum Scheitern verurteilt, weil sie nicht am Gefüge der Gesamtsumme von (D) (=real existierende Wirtschaft) ansetzen, sondern das Gefüge von (F) wieder ins Gleichgewicht bringen wollen. Zur Erläuterung: Wenn Brot zum Essen fehlt, so ist der letztliche Ort der Fehlfunktion der Weg des Brotes vom Acker zum Mund. Das Finanzielle dazu ist nur ein mittelbarer Hebel. Den kann man sinnvoll einsetzen, wenn man die Zusammenhänge kennt. Wenn man, wie in der aktuellen Finanzkrise, jene jedoch nicht kennt, so verursacht man schnell unerwünschte Wirkungen (Stichworte: kaputtsparen versus subventionieren bis zum „Gehtnichtmehr“).
- Es kann nur die Entfernung des Tumors helfen, oder mindestens eine sehr weitgehende Zerstörung desselben.
- Über das Finanzwesen und das Geld habe ich bisher wenig erkannt, mit einer Ausnahme: Das aktuelle Finanzsystem und die sich daraus ergebenden Steuerungselemente weisen horrende und für alle Menschen gefährliche Fehlfunktionen auf. Deswegen sehe ich mich als Laie trotzdem motiviert, dazu diese Notizen zu liefern. Vom Finanzwesen selbst wird eine Veränderung nicht kommen können. Sie muss aus den tiefen Schichten unser aller kulturellen Potenz kommen.
- Der Grad der Fehlfunktion von (F) ist zwar nicht genügend erkennbar. Aber bei angemessener Teilhabe am Problem wir trotzdem klar: Uns droht eine fürchterlicher Gefahr und uns muss fast jedes Mittel recht sein, das aktuelle Finanzsystem zu verändern.
- Finanzcrashs mit Wirtschaftskrisen repräsentieren nichts anderes als das Ausbleiben der Gestaltungskraft (G), welche in Zeiten korrekter Funktion die real existierende Wirtschaft regelt. Der für uns relevante Teil der Krise liegt also nicht im Finanzwesen als Ganzem, sondern in (G), denn das gewesene Geschehensgefüge könnte ja zum großen Teil beibehalten werden, wenn eine entsprechende Steuerung der Handlungen möglich wäre (s. auch E8).
Erklärung der Abkürzungen:
(Die Begriffe sind als Skizze zu sehen, keine abgeschlossene Definition)
(G) Gestaltungseinfluss: Einflussnahme auf und Regelung der r. e. W., soweit diese mit finanziellen Bedingungen verbunden sind.
r.e.W.: Real existierende Wirtschaft : Alle Geschehensflüsse innerhalb des ökonomischen Systems mit Ausnahme derer, die sich nur auf Geld beziehen (z.B. B3c)
(D) Einzelvorgang: der Akt eines Kaufes oder Verkaufes reduziert um die Existenz des Geldes und seiner Bewegung
(C) Zugriffsrecht: siehe A1-3
(S) Schätzung: siehe A1-3
(F) das aktuelle Finanzwesen